Samstag, 4. März 2017

nichts als Wasser, Wind und Wolken

Der erste Reiseabschnitt geht bald zu Ende. 
Wir bewegen uns stramm auf Tasmanien zu.


In Sydney gehen dann viele Passagiere von Bord, neue kommen, einige bleiben, davon 150 Weltreisende, die die gesamte Tour mitmachen. 
Es sollen ab da nur noch 600 Leute an Bord sein.
Die See hat sich beruhigt, aber es sind nur 11Grad draußen, und die Sonne macht sich rar. 
Heute Nachmittag soll es wieder mehr Wind geben. Eigentlich habe ich genug von der Schaukelei.

Wenn ich die Artania mit der Albatros vergleiche, so finde ich schon ein paar Unterschiede.
Die Artania ist etwas größer und neuer, das Publikum im Durchschnitt etwa 10-15 Jahre jünger, also von 45- 80. 
Hier ist an den Tischen freie Platzwahl, während es dies auf der Albatros nur im Selbstbedienungsbereich gibt.
Das heißt aber gar nichts, denn es herrscht ja an vielen Tischen die deutsche Sandburgenmentalität.
Man findet ganz schnell sein Grüppchen, und dann versucht man diesen Tisch gegen Eindringlinge zu verteidigen. 
Es gibt im Restaurant, wo das Essen serviert wird, auch einen Singletisch. Da würden sich die Alleinreisenden gegenseitig bekriegen und reinlassen oder ausgrenzen und Neulinge bekämen gleich gesagt welche Plätze fest belegt seien.
Da esse ich doch lieber im Selbstbedienungsbereich.
Das Essen schmeckt mir hier anfangs wesentlich besser als auf der Albatros. Das ändert sich allerdings im Laufe der Zeit...
Die Kabinen sind ähnlich.
Manche Leute schwören auf die Artania. Eine Frau ist entsetzt, hier "unter dem Niveau leben zu müssen, das sie zu Hause hat", sie bereitet bereits eine lange Liste mit Beschwerdepunkten bei Phoenix vor, und in Zukunft  wird sie nur noch auf wesentlich höherwertigen Schiffen reisen. Na dann, nichts wie hin!
Die Kellner auf der Albatros waren wesentlich mehr auf Zack als hier. Es bessert sich auch nur punktuell. 
Sie räumen nicht flott ab, gucken in die Luft, wenn jemand mit 2 Bechern in der Hand durch eine geschlossene Tür gehen möchte, reißen einem ohne zu fragen den Teller weg, obwohl man  gerade von einem Stück Brot abbeißt.
Aber wie der Herr, so bekanntlich auch das Gescherr. Eine höhere Charge kommt mir auf dem Flur entgegen. Ein Wäschekorb steht im Weg. Er macht deutlich, wer Vortritt hat und ist schon an mir vorbei.
Woher sollen die Jungs etwas lernen?

Aber auch die Freundlichkeit mancher Mitarbeiter am Phoenixschalter hält sich in Grenzen, genauso an der Rezeption. Das ist mir bereits bei der Ankunft aufgefallen, und daran hat sich nichts geändert. In vielen Gesprächen mit anderen Reisenden hört man noch mehr Beschwerden .
Das war auf der Albatros anders.
Die Ausflüge sind nicht gerade billig, bieten aber für den Preis oft nicht Entsprechendes. Beim Buchen bekommt man auch gelegentlich Probleme, weil man zwar Wünsche aufschreiben kann, diese aber keine Berücksichtigung finden. Da scheint es ein geheimes Aufrücksystem für Wartelisten zu geben, und warum soll man sich vormittags oder nachmittags wünschen, wenn es nie, bei anderen aber regelmässig berücksichtigt wird?
Manchmal sind die Karten sind falsch gedruckt. Man muss schon genau hinschauen.

Am meisten habe ich mich geärgert, als mir an der Rezeption erklärt wurde, es sei unmöglich, dass sich ein anderer Gast in meinen Account einwählen könnte! Dabei ist es ein offenes ungeschütztes Netzwerk, und ich werde immer wieder beim Anmeldeversuch darauf hingewiesen, dass ein anderer in meinem System derzeit aktiv sei. Zumindest stimmt irgendetwas nicht.
Ich habe sie gefragt, ob sie schonmal davon gehört hätte, dass auch in den Bundestag eingedrungen seien. "Solche Gäste haben wir hier nicht", war ihre freundlich kompetente Antwort.

In den Fernsehserien "Verrückt nach Meer" ist das natürlich alles ganz anders, auch berichten Dauergäste an Bord, dass sich zB das Essen verschlechtert habe, nachdem die Filmcrew von Bord gegangen war.
Ob tatsächlich Schneekugeln gesammelt werden weiß man nicht, da gibt es anderslautende Berichte. Es ist eben ein Film und man ist auf dem Holzweg, wenn man denkt, da sei nichts inszeniert. Schließlich will man neue Kundschaft anlocken. Auch hier an Bord schwärmen viele von Aida und Mein Schiff. Das Preisniveau sei nicht höher, die Ausstattung, das Essen, das Unterhaltungsniveau um Klassen besser. Dafür fehlt dort all das, was der betagte Kreuzfahrer liebt, zB der Handschlag mit dem Kapitän, das Captain's Dinner etc.
Der große Teil der alten Herrschaften hier an Bord gehört daher auch zum umworbenen Gast, wohnt in den obersten Etagen und wird hofiert. Aber darauf alleine kann Phönix sich nicht mehr verlassen. Die Albatros glich bei meiner Reise einer Mischung aus Alten- und Pflegeheim.
Trotz allem würde ich auf beiden Schiffen wieder fahren, falls die Route stimmt. Ich brauche keine Supershows und Schnickschnack. Und auf ein schwimmendes Hochhaus gehe ich auch nicht.
Vorteil hier ist, dass man für eine Einzelkabine nur einen geringen Zuschlag zahlt, während die anderen Gesellschaften 80-100% Aufschlag verlangen.

Warum sich der Schrifttyp hier selbständig ändert, ist mir ein Rätsel. Gefallen tut mir das überhaupt nicht und es lässt sich nachträglich nicht ändern. Sehr merkwürdig!


So. Nun zum heutigen Tag.
Es ist mal wieder Essenszeit. Das ist wie im Krankenhaus oder im Altenheim... Diese Termine lassen alle aufspringen. 
Und heute ist so ein Tag. Draußen drückt der Wind so sehr seitlich auf die Türen, dass man sie kaum aufbekommt. Das Wasser spritzt teilweise bis aufs Deck.


Aber morgen früh können wir endlich wieder an Land, und wärmer soll es auch werden.


Das Lido, das Selbstbedienungsrestaurant ist heute randvoll besetzt. Daher werden die neu eintrudelnden Gäste in die beiden anderen Restaurants geschickt. Ich auch.
Also von Deck 8 runter auf Deck 2, durch die Halle 


und rein in die "Vier Jahreszeiten".


Da mir kein bekanntes Gesicht auffällt, setze ich mich neben 2 mir unbekannte weibliche Gäste.
Ein voller Fehlgriff war das, bezogen auf den Unterhaltungswert, aber eine der zum Glück selteneren erstaunlichen Erfahrungen.

Alles was sie körperlich zu bieten haben, legen sie beim Essen auf den Tisch.
Die eine hustet dauernd in ihr Taschentuch, die andere schnieft in ihr Tuch.
Alle 4 Ellbogen kleben stramm an der Tischdecke. Es könnten Mutter-mit pinkfarbenen Fingernägeln- und Tochter-mit giftgrünen Nägeln- sein. 
Jeglichen sprachlichen Annäherungsversuchen widerstehen die beiden tapfer. 3x bekomme ich als Antwort einen 1 bis 3- Wortsatz hingeworfen. 
Gut. Hab's kapiert. 
Meinen in kleinste Stückchen geschnittenen Paprikasalat esse ich dann ganz  langsam und genüsslich. Sie haben ihn nicht geordert und müssen auf den nächsten Gang warten, bis ich fertig bin. Ich kann auch stur sein.
Die Portiönchen sind hier nett dekoriert, aber dass das Labskaus sein soll, schmeckt man zwar, bei dem Anblick muss ich jedoch fast lachen. 


Labskaus haben wir früher selbst zubereitet und eine Portion füllte einen Teller. Hier hat das Spiegelei einen größeren Durchmesser als der Labskaus.

Ich glaube, wenn es von der Sorte meiner Tischbeisitzerinnen viel mehr an Bord geben würde, bekäme ich doch schlechte Laune.
Ein bisschen davon kommt auf, als ich mit einer Bekannten einen Kaffee trinken will, wir aber kein Plätzchen finden, wo es nicht nach Rauch stinkt. 
Und da wo es einigermaßen erträglich ist, ist die Bar geschlossen.

Halb so schlimm. In einer halben Stunde gibt es Kaffee, heute inszeniert als besondere Veranstaltung:


Dazu schwitzt sich der Stephansdom ab.


Die Auswahl an Kuchen ist groß. Hauptsache hochkalorisch und süß.



Der Appetit der Passagiere ist auch groß. 
Ich kann langsam kein Essen mehr sehen. 
Ausnahme: vielleicht Gemüse und Fisch im Lido.
In 90 Minuten ist es wieder soweit! 
Und nach draußen treibt mich bei dem Wind und Regen keiner. Heute wird es wohl nichts mit 10.000 Schritten.
Da ich vor dem Abendessen doch noch ein paar Runden drehe, komme ich immerhin auf 7000.

Übrigens:
Meine Kabine liegt etwas hinter der Mitte auf dem Rundumdeck.


Merkwürdigerweise muss ich mir doch wieder Vertigo Hevert einverleiben, die Schaukelei hört einfach nicht auf. Ich dachte, ich hätte mich daran gewöhnt.

Ein Trost, morgen geht es in Hobart/ Tasmanien an Land.





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